Abkehr der 50 % zu 50 % Regelung auf Parkplätzen?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die bisher herrschende Rechtsprechung in Frage gestellt. Parkten zwei Autofahrer gleichzeitig rückwärts aus und kam es sodann zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge, wurde bisher von den Gerichten eine Schadensteilung von 50% zu 50 % angenommen.
Hierbei gingen die Gerichte davon aus, dass es unerheblich war ob eines der beiden Fahrzeuge kurz vor dem Aufprall zum Stillstand kam. Diese Rechtsaufassung hat der BGH in seiner aktuellen Rechtsprechung nun mehr ausdrücklich verworfen.
Hierbei sind folgende Punkte beachtlich:
1. Ereignet sich auf einem Parkplatz beim Rückwärtsfahren bzw. in Rückwärtsbewegung des Fahrzeugs ein Unfall darf von einem Anscheinsbeweis für ein alleiniges Verschulden des Rückwärtsfahrenden ausgegangen werden. Hierbei geht der BGH davon aus, dass bei der Bemessung des Rücksichtnahmegebots gemäß § 1 II StVO als Wertungsmaßstab der § 9 V StVO mittelbar herangezogen werden kann.
2. Kommt ein rückwärtsfahrendes Fahrzeug vor der Kollision auf einem Parkplatz zum Stehen, existiert ein solcher Anscheinsbeweis jedoch gerade nicht. Der BGH führt hierbei aus, dass im Gegensatz zum fließenden Verkehr (öffentliche Straßen), auf Parkplätzen dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 II StVO Genüge getan ist, wenn das Fahrzeug rechtzeitig d.h. vor der Kollision zum Stillstand kommt.
3. Die Betriebsgefahr des stehenden Fahrzeugs sowie weitere Umstände können laut BGH jedoch im Rahmen der Abwägung weiterhin eine Rolle spielen.
Für die Zukunft bedeutet dies, dass Verkehrsteilnehmer, welche unstreitig vor der Kollision auf einem Parkplatz mit Ihrem zum Stehen kommen in Zukunft weit bessere Karten haben dürften, als in Bewegung befindliche Fahrzeuge.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2015, Az. VI ZR 6/15
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